Feng Shui Beratung: Beruf oder Berufung?

Ist Feng-Shui-Beratung ein Beruf? Auf die Frage, welche Tätigkeit als Beruf bezeichnet werden darf, gibt es keine eindeutige Antwort. Einige Berufe sind zwar reglementiert und man braucht eine bestimmte Qualifizierung bzw. Ausbildung, um sie ausüben zu dürfen, doch die meisten Tätigkeiten unterliegen der im Grundgesetz verankerten Berufsfreiheit.
Blöde Frage, denken wahrscheinlich viele, die Feng Shui beruflich ausüben. Vor einigen Jahren hätte ich auch diese Frage mit klarem „ja“ beantwortet, doch heute betrachte ich Feng Shui aus einem anderen Blickwinkel.

Die Meinungen, ob Feng-Shui-Beratung ein Beruf ist, gehen weit auseinander. Foto: CC-0 via pixabay.com by McLac20002
Die Meinungen, ob Feng-Shui-Beratung ein Beruf ist, gehen weit auseinander. Foto: CC-0 via pixabay.com by McLac20002

Als ich mich kurz vor der Jahrtausendwende für Feng-Shui-Beratung als selbständige, hauptberufliche Tätigkeit entschied, hatte ich keine Zweifel an meinem neuen Beruf. In den Jahren 2001-2005 engagierte ich mich selbst sehr stark dafür, den Beruf des Feng-Shui-Beraters zu etablieren und ihm einen Qualitätsrahmen zu verschaffen. Zusammen mit anderen aktiven Kollegen/innen haben wir das eine oder andere Netzwerk, ja sogar einen Verband gegründet und die Weichen auf berufliche Anerkennung gestellt. Doch daraus ist, aus unterschiedlichen Gründen, nicht wirklich etwas geworden. Mit vielen Weggefährten aus dieser Zeit pflege ich bis heute einen intensiven und sehr herzlichen Austausch. Das ist mir weiterhin wichtig. Doch die Bestrebung Feng-Shui-Beratung zu einem „anerkannten Beruf“ zu machen, habe ich völlig fallen lassen. Es liegt nicht daran, dass ich Feng Shui für esoterischen Zeitvertreib für gelangweilte Hausfrauen halten würde, sondern daran, weil Feng-Shui-Beratung für mich heute eine Kompetenz aber keinen eigenständigen Beruf darstellt.

Eine Kompetenz kann man, ähnlich wie ein Werkzeug oder eine Methode, in unterschiedlichem Kontext anwenden. Wenn ich auf meine Tätigkeit zurückblicke, dann wird mir deutlich klar, dass ich Feng Shui im Laufe der Zeit in unterschiedlichen Berufsbildern angewendet habe. So habe ich unter anderem einen Fernstudienlehrgang konzipiert und die Lernmaterialien dafür erstellt sowie drei Feng-Shui-Bücher geschrieben. War ich dabei als Feng-Shui-Beraterin tätig? Nein, ich war Autorin und Texterin. Seit über zehn Jahren begleite ich Lernende und veranstalte selbst Seminare und Webinare. Auch bei den Tätigkeiten bin ich keine Feng-Shui-Beraterin, sondern Tutorin, Dozentin oder Seminarleiterin.

Wenn ich Menschen zur Gestaltung ihrer Räume berate, dann bin ich Raumgestalterin und Designerin. Im unternehmerischen Bereich verwende ich Feng Shui als Methode der Unternehmensberatung oder des Coachings und kombiniere es mit anderen Werkzeugen aus meiner Coaching- und Trainerkiste. Für meine Kunden bin ich Coach und Berater.

Viele meiner Kolleginnen und Kollegen verbinden Feng Shui mit Heilung. Sie sind Heilpraktiker, Geistheiler oder üben einen anderen Heilberuf aus und wenden dabei auch ihr Feng-Sui-Wissen an. Dann gibt es noch zahlreiche Architekten, Landschaftsplaner oder Gärtner, die Feng Shui in ihrer Arbeit einfließen lassen aber sicher keine Feng-Shui-Berater sind.

Um diese Zusammenhänge zu verdeutlichen, hilft die Betrachtung anderer Kompetenzfelder, wie zum Beispiel das Neuro-Linguistisches Programmieren (NLP), das als „eine Sammlung von Kommunikationstechniken und Methoden zur Veränderung psychischer Abläufe im Menschen“* definiert wird. Diese Methode hatte ebenfalls anfangs die Probleme sich zu etablieren und landete zeitweise sogar in der Esoterik des New-Age-Zeitalters. Heute gehört NLP zum Repertoire erfolgreicher Trainer, Coaches und Therapeuten. Aber auch NLP ist kein Beruf, sondern eine Technik/Methode/Kompetenz, die in Verbindung mit unterschiedlichen Berufen angewendet wird. Wahrscheinlich käme niemand auf die Idee „NLP-Anwender“ als Berufsbezeichnung zu verwenden.

Noch ein anderes Beispiel. Es gibt den „Finanz- oder Vermögensberater“ als Beruf. Diese Berater unterstützen ihre Klienten im Umgang mit ihrem eigenen Vermögen. Demnach müsste ein Feng-Shui-Berater die Kunden im Umgang mit Feng Shui beraten! Das wäre völliger Blödsinn. In einer Feng-Shui-Beratung geht es um die Unterstützung bei der Gestaltung (beim Umgang) mit den eigenen vier Wänden und Feng Shui ist die Methode, die dabei angewendet wird.

Deshalb bin ich zu meiner persönlichen Schlussfolgerung gekommen: Feng-Shui-Beratung ist kein Beruf. Vielleicht sollten wir generell umdenken und eine Wandlung vollziehen? Weg von der Feng-Shui-Beratung als Beruf, hin zur Fachkompetenz Feng Shui, die sich in andere Berufsbilder integrieren lässt. Lassen Sie uns doch diese wunderbare Methode, die zu Symbiose zwischen Menschen und Räumen führt, zu einer begehrten und anerkannten Fachkompetenz verhelfen. Doch das funktioniert nicht über Verbände und verstaubte Amtswege, sondern über das tägliche Tun, dem ich mich jetzt auch wieder mit Freude zuwende.

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Über Hedwig Seipel 112 Artikel
Hedwig Seipel wandelte 1998 ihr Leben um und machte ihr Hobby - die asiatische Lebensphilosophie - zum Beruf. Nach fundierten Ausbildungen im Feng Shui, Geomantie, Coaching und Training gründete sie eine eigene Praxis. Sie ist Sachbuchautorin, Dozentin, Seminarleiterin und Beraterin.

2 Kommentare

  1. Ersetzen Sie „Feng Shui Berater“ mit „Steuerberater“. Ich kenne viele Steuerberater, die in der Firmensanierung tätig sind, in die Wirtschaftsprüfung, im Controlling, in der Ausbildung, als Wirtschafts-Journalisten, wo auch immer. Nur weil ich in einem bestimmten Beruf eine Kernkompetenz erworben habe, die in anderen Berufsbildern oder Tätigkeiten anwendbar ist, heißt das mitnichten, das der Beruf in dem ich dieses Kompetenz erworben habe, kein Beruf ist.

    Damit ist die Logik Ihrer Argumentation widerlegt.

  2. Oh ha, was für ein Statement, Frau Seipel.

    Ich sehe das anders. Da ich allerdings mit meiner Arbeit als Feng Shui Beraterin seit 6 Jahren erfolgreich bin und mit diesem Berufsbild (zumindest im Hamburger Raum) Bestand habe, fehlt mir einfach die Zeit ein ausführliches Gegenstatement zu schreiben.

    Aber jeder darf ja seine Meinung haben. Ihnen wünsche ich jedenfalls alles Gute und viel Erfolg als Coach, Trainerin, Seminarleiterin und als was auch immer sie Feng Shui hinzu ziehen.

    Schmunzelnde Grüße sendet Daniela Schubert

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