Leben unter einem Dach aus Erde

Neu ist diese Wohnform im Grunde genommen nicht: Schon vor mehr als tausend Jahren haben die Wikinger ihre Behausungen unter die Erde verlegt, um vor der Kälte geschützt zu sein. Moderne Erdhügelhäuser nutzen ebenfalls die isolierende Wirkung der Erde. Sie haben aber mit dunklen Höhlen nichts mehr gemeinsam.

Idylle pur im Auenland: Vielleicht haben die Erdhügelhäuser der Hobbits einen Beitrag dazu geleistet, dass Wohnen unter der Erde populärer geworden
Idylle pur im Auenland: Vielleicht haben die Erdhügelhäuser der Hobbits einen Beitrag dazu geleistet, dass Wohnen unter der Erde populärer geworden ist (Foto: Chris Watts)

Unter der Erde wohnen? Das klingt in meinen Ohren nach dunklen, feuchten, engen Räumen. Es liegt vielleicht daran, dass ich eine Zeit lang ein Zimmer im Souterrain hatte. Meine Erfahrung: Das Wort Souterrain klingt viel zu freundlich für das, was es bedeutet. Licht kam nur in sehr geringer Menge in den halb unterirdisch gelegenen Raum. Die Feuchtigkeit war vielleicht nicht messbar, aber immer fühlbar. Das Zimmer im Souterrain entwickelte für mich nicht mehr Charme als irgendein Kellerraum.

Ein Haus im Erdhügel

Die Idee, ein komplettes Haus unter die Erde zu verlegen, erschien mir daher völlig unattraktiv. Allerdings muss ein Erdhaus ja gar nicht wie eine Höhle tief in die Erde hinein gebaut werden. Auch aus einer überirdischen Baukonstruktion kann ein echtes Erdhaus werden. Dazu wird auf das gewölbte Dach und um die nördlich gelegene Hausseite eine bis zu mehrere Meter dicke Erdschicht aufgetragen. Sichtbar ist dann von außen nur noch die nach Süden weisende Fensterfront. Diese ist so groß, dass reichlich Tageslicht bis ins Innere gelangt. Der Großteil des Hauses verschwindet aber optisch unter dem aufgeschütteten Erdhügel.

Villa Vals: Harmonisch eingebettet in die Landschaft
Villa Vals: Harmonisch eingebettet in die Landschaft (Bildquelle: www.myslidestyle.ch)

Erde hat als Baumaterial große Vorteile gegenüber anderen Baustoffen. Zunächst einmal ist sie hierzulande fast überall in ausreichender Menge vorhanden. Weite Transportwege entfallen also ebenso wie hohe Kosten. Außerdem hat Erde eine gute isolierende Wirkung. So bleibt es im Erdhügelhaus im Sommer kühl, während im Winter kaum Wärme nach außen abgegeben wird.

Holz oder Beton

Die Grundkonstruktion des Erdhauses kann aus Holz oder auch aus Beton bestehen. Während zum Beispiel die Stuttgarter Projektentwicklungsgesellschaft Archy Nova ganz auf die Holzbauweise setzt, wählt der Schweizer Architekt Peter Vetsch für seine Erdhäuser das Spritzgussverfahren aus dem Tunnelbau. Vetsch gilt als Pionier im modernen europäischen Erdhausbau. Sein erster Entwurf stammt aus dem Jahr 1974. Seitdem hat er mehr als 90 Erdhäuser gebaut. Vetsch erkennt einen beginnenden Trend zum Wohnen im Erdhaus. Die meisten seiner Häuser wurden in den vergangenen 15 Jahren realisiert.

Erdhäuser oder auch Erdhügelhäuser sind allerdings immer noch eine ausgesprochene Seltenheit. Dabei sind sie ökologisch sinnvoll und energiesparend. Inzwischen gibt es sogar Passiv-Erdhäuser. Außerdem könnten sich Erdhügelhäuser an vielen Orten wunderbar in die Landschaft einfügen, während man das von herkömmlichen Eigenheim-Neubauten nicht immer behaupten kann. Einen Haken hat aber das Erdhügelhaus: Es ist hierzulande in üblichen Bebauungsplänen nicht vorgesehen. Wer ein Erdhaus bauen möchte, muss sich also zunächst um eine entsprechende Genehmigung kümmern.

Schlicht oder verwunschen

Casa do Penedo: Steinhaus bei Fafe, Portugal
Casa do Penedo: Steinhaus bei Fafe, Portugal (Foto: Feliciano Guimarães)

Das Leben unter und mit der Erde kann ganz unterschiedlich aussehen. Die Häuser des Schweizer Architekten Vetsch haben zum Beispiel keine rechten Winkel und wirken daher sehr organisch. Auch von außen präsentieren sich die Erdhäuser mit ihren geschwungenen Fensterbereichen fließend und fast verwunschen. Die Modelle von Archy Nova mit Dachgewölbe sind dagegen – jedenfalls äußerlich – sehr schlicht gehalten. Ganz ohne Wölbung, sondern recht kantig präsentiert sich wiederum der niederländische Entwurf „Dutch Mountain“.

Tipp: Hobbithaus aus nur einem Baum

 

Quelle:

www.welt.de – Der Traum vom Wohnen unter der Erde

Beitrag teilen:
Über Astrid Albrecht-Sierleja 152 Artikel
Astrid Albrecht-Sierleja verfügt als langjährige Malerin und Lackiererin über ausgesprochen praxisorientiertes Wissen und kennt als Produkt-Designerin die Vielfalt gestalterischer Möglichkeiten im Wohn- und Arbeitsbereich. Astrid erreicht ihr unter a.albrecht@everyday-feng-shui.de

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*