Feng Shui und das Märchen vom Küchenherd

Es gab einmal ein Küchenherd, der total unglücklich war, weil er neben der Spüle stehen musste. So oder ähnlich könnte das Märchen beginnen. Feng-Shui-Bücher empfehlen häufig: in der Küche darf der Herd nicht neben der Spüle stehen. Dummerweise ist genau diese Anordnung in vielen Küchen durchaus üblich. Was nun? Keine Panik, denn diese Regel können Sie getrost in das Reich der Märchen verabschieden.

In dieser Küche wäre sogar die alte Regel erfüllt: der Herd steht nicht neben der Spüle. Foto: CC-0, Public Domain via pixabay.com by NivaldoBraga
In dieser Küche wäre sogar die alte Regel erfüllt: der Herd steht nicht neben der Spüle.
Foto: CC-0, Public Domain via pixabay.com by NivaldoBraga

 

Der Ursprung dieser Empfehlung basiert auf dem Zyklus der Wandlungsphasen, die auch unter dem Begriff der „fünf Elemente“ bekannt sind. Feuer (Herd) und Wasser (Spüle) stehen im sogenannten Kontrollzyklus zueinander, weil Wasser die Wandlungsphase Feuer unter Kontrolle bringt. Ein Kontrollzyklus erzeugt Spannung und soll deshalb in Innenräumen nach Möglichkeit gemieden werden. So weit ist diese Empfehlung korrekt und nachvollziehbar. Leider übersehen die Verfechter dieser Regel einige entscheidende Details.

Die meisten Feng Shui Regel sind vor vielen Jahrhunderten entstanden und beziehen sich auf die Wohn- und Einrichtungsverhältnisse der damaligen Zeit. Wie sah denn eine Küche im alten China aus? Vermutlich gab es keine separate Küche, sondern es wurde in dem, oft einzigen, Wohnraum des Hauses gekocht. Die Feuerstelle brannte Tag und Nacht, weil sie auch die einzige Wärmequelle war. Das Wasser floss nicht aus dem Wasserhahn, sondern wurde mühsam in Eimern oder anderen Behälter aus dem Brunnen geschöpft. Wenn der Wassereimer zu nah an der Feuerstelle stand, dann flog nicht nur die Asche hinein, sondern es bestand auch die Gefahr, dass der Eimer umkippt und das Feuer erlischt. Deshalb warnte man davor, Wasser zu nah am Feuer zu stellen.

Wie sieht es heute aus? Ich kenne keine moderne Küche, in der auf einer offenen Feuerstelle gekocht wird. Eine offene Flamme haben lediglich Gasherde. Hier ist das Feuer zuerst vom Metall des Herdes umgeben. Eigentlich müsste ein Gasherd total schlechtes Feng Sui bedeuten, weil Feuer und Metall ebenfalls im Kontrollzyklus stehen. Dazu existieren aber keine „alte Regeln“, weil es im alten China keine Gasherde gab. Doch keine Sorge, auch das Dilemma lässt sich beseitigen. Küchenherde sind rechteckig und haben damit die Form der Wandlungsphase Erde. Erde ist das Harmonieelement zwischen Feuer und Metall und schon ist es mit der Kontrolle vorbei.

Bei Elektroherden stellt sich überhaupt die Frage, wie viel sie mit Feuer zu tun haben. Wenn sie eingeschaltet sind, dann entsteht Hitze, die selbstverständlich der Wandlungsphase Feuer entspricht. Im ausgeschalteten Zustand, der in den meisten Küchen täglich überwiegt, bleibt von dem „Feuer“ keine Spur. Induktionsherde sind noch weiter vom Feuer entfernt. Sie strahlen noch nicht einmal Hitze aus, sondern erwärmen direkt den Inhalt im Topf.

Die Zeiten ändern sich und die Ausstattung unserer Wohnungen ebenfalls. Alte Feng-Shui-Regeln dürfen deshalb nicht blind übernommen werden. Zuerst ist zu klären, warum sie erstellt wurden und was sie tatsächlich bedeuteten. Erst dann kann man sie auf unsere Verhältnisse übersetzen. So kann sich herausstellen, dass manche Regeln ihre Bedeutung völlig verloren haben und damit in den Topf der Geschichte gehören.

Um den Herd kreisen noch andere Weisheiten des Feng Shui. Mit ihnen beschäftigen wir uns im nächsten Beitrag.

Mit märchenhaften Grüßen

Hedwig Seipel

www.fengshui-classic.de

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Über Hedwig Seipel 112 Artikel
Hedwig Seipel wandelte 1998 ihr Leben um und machte ihr Hobby - die asiatische Lebensphilosophie - zum Beruf. Nach fundierten Ausbildungen im Feng Shui, Geomantie, Coaching und Training gründete sie eine eigene Praxis. Sie ist Sachbuchautorin, Dozentin, Seminarleiterin und Beraterin.

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