Der Kalvarienberg in Graz – ein magischer Ort im Schnittpunkt der Welten

Der inselförmige kleine Felsenberg direkt am Mur-Fluss gehört zu den geomantischen Kraft-Orten in der Steiermark und versetzt seine Besucher in eine außergewöhnliche Stimmung, die sich deutlich von der Umgebung abhebt. Sie gilt als eindrucksvollste Kalvarienberg-Anlage der Alpenländer. 

Die Gipfel-Kreuze am Kalvarienberg in Graz, Foto (C) Irmgard Brottrager
Die Gipfel-Kreuze am Kalvarienberg in Graz, Foto (C) Irmgard Brottrager

Der Kalvarienberg gehört zusammen mit dem Schlossberg zu den markaten Erhebungen mitten im Stadtgebiet von Graz. Er liegt unweit vom Zentrum neben der Kalvarienbrücke und erlaubt eine fantastische Aussicht über die ganze Stadt – zu den Hügelketten im Westen, Norden und Osten sowie zum Grazer Feld im Süden. Der Austein wurde erstmals 1498 erwähnt und man vermutet, dass sich zuerst eine kleine Fluchtburg darauf befand. Im Jahr 1606 wurden 3 Kreuze errichtet, woraufhin der Felsen zu einem beliebten Pilger-Ort mutierte. Die Wallfahrer-Andachtsstätte wurde nach und nach aus- und umgebaut. Die barocke Ölberg-Kapelle, die heute die Hauptkirche darstellt, stammt aus dem Jahr 1668. Weitere Kapellen, Tabernakel-Säulen und Kunstwerke aus verschiedenen Epochen säumen den Weg zum Gipfel-Plateau, das mit den berühmten „Mur-Nockerln“ (runde Kieselsteine aus der Mur) ausgelegt ist. Außen am Felsen findet man eine gruft-artige Vertiefung herausgemeißelt, groß genug, damit sich ein Mensch hineinlegen kann. Während des zweiten Weltkrieges wurde ein 350 Meter langer Stollen angelegt, der 3000 Menschen Schutz bietet.

Schöne Schmiedeeisenarbeiten, Foto (C) Irmgard Brottrager
Schöne Schmiedeeisenarbeiten, Foto (C) Irmgard Brottrager

Auf der geologischen Karte der Steiermark lässt sich ablesen, dass der so genannte Au-Stein aus Devon-Kalk besteht. Genauer genommen soll es sich um einen Felsen aus Grünschiefer handeln, der hier komplett isoliert vorkommt. Er liegt genau im Schnittpunkt zwischen verschiedenen Stadtteilen. Einerseits ist es die Mur, die die Stadt in zwei Hälften trennt. Andererseits befindet sich hier eine der wenigen Hauptbrücken auf der Achse zwischen dem Fürstenstand am Plabutsch, St. Ulrichsbrunn, Schloss St. Josef und der Basilika in Maria Trost. Diese kirchlichen und weltlichen Macht-Bauten liegen fast exakt auf einer regionalen Kraft-Linie bzw. Energie-Bahn, Ley-Line oder auch „Heilige Linie“ genannt. Der natürlich gewachsene Felsen, der beinahe wie ein Megalith aus dem Au-Gebiet ragt, markiert weiters einen Übergang zwischen diesseitiger und jenseitiger Welt. Er konfrontiert seine Besucher/innen mit den Themen Tod und Transformation, Abschied und Auferstehung. Wer die geschwungene Stein-Treppe hoch steigt, durchschreitet eine Art Tunnel-Situation, die durch die flankierenden Kreuzweg-Stationen betont wird. Deren gruselige Inhalte drängen sich Gott sei Dank nicht auf, sondern werden nur wahrgenommen, wenn man näher tritt und durch die vergitterten Türen schaut. Dennoch ist dies natürlich kein Ort der Leichtigkeit und Freude, sondern ein Platz mit sehr ernsten und besinnlichen Qualitäten, melancholisch, wehmütig, traurig und packend. Er hat eine lange Tradition als Büßer-Felsen. In den Jahren 1657 bis 64 erhielten alle Besucher einen Sünden-Erlass vom Papst Alexander  VII. Es geht also auch um Entlastung, Loslassen, Hoffnung und Neu-Anfang. Die schmerz-triefenden Inhalte bieten heute einen gewissen Schutz gegen den Missbrauch als triviale Sehenswürdigkeit. Die Aussichtsplattform eignet sich nicht als vergnügliche Fremdenverkehrs-Attraktion, sondern bleibt ein Ort der Besinnlichkeit und des Rückzuges für schwermütige Seelen.

Spiralförmige Steintreppe auf den Berg, Foto (C) Irmgard Brottrager
Spiralförmige Steintreppe auf den Berg, Foto (C) Irmgard Brottrager

Antike geomantische Kraftorte sind meist mit christlichen oder weltlichen Herrschaftsstrukturen verbunden, sie entfalten ihre Energie-Qualitäten aber auch unabhängig von diesen instrumentalen Besetzungen. Spirituell aufgeschlossene Menschen glauben nicht an Sünden, die von irgendeiner Macht-Person erlassen werden müssen. Mit den überhöhten Inszenierungen von unmenschlichen Foltereien, Trauer, Leid und Schmerz wird ein Feld geschaffen, das ähnliche Energien anzieht und fördert. Insofern kann dieser Berg auch als Denkmal der menschlichen Niedertracht und Ungerechtigkeit betrachtet werden. Er ist ein Ort voller Klagen, aber trotzdem keiner des Grauens, sondern einer voller Schönheit und berührender Magie, der die Schattenseiten unserer Existenz beleuchtet. Dennoch: Schwingungsfelder sind ansteckend und jeder Mensch kann es sich aussuchen, worauf er seine Aufmerksamkeit lenkt und mit welchen Inhalten er sein Leben anfüllt. Die Energie folgt der Aufmerksamkeit. Es ist nicht empfehlenswert, sich unnötig oft mit leidvollen Inhalten zu beschäftigen und Orte wie diese zu Lieblingsplätzen zu erklären! Zeitgemäße geomantische Methoden dienen nicht der Macht-Erhaltung von elitären Herrscher-Zirkeln, sondern dem Wohlbefinden des ganz normalen Menschen, der ein glückliches und harmonisches Leben verwirklichen möchte. Manchmal ist es notwendig, sich dem Leid zu stellen und es in seiner vollen Intensität zu spüren, um es transformieren zu können. Wer mit seiner eigenen Trauer in Kontakt kommen möchte, wird sich der Wirkung dieses Berges nicht lange entziehen können …

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Über Irmgard Brottrager 833 Artikel
Irmgard Brottrager ist Dipl.Ing. für Architektur und Innenarchitektur. Sie beschäftigt sich vorzugsweise mit Themen, die mit dem Menschen und seinem Umfeld zu tun haben. Irmgard erreicht ihr unter i.brottrager@everyday-feng-shui.de

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