Die Gaia-Hypothese: Was ist das, was besagt sie?

Die Gaia-Hypothese betrachtet die Erde als einen Organismus – ein System, welches sich selbst reguliert, in dem Entwicklung stattfindet und ein Fließgleichgewicht herrscht. Die klassische Naturwissenschaft steht der Gaia-Hypothese kritisch gegenüber.

Gaia erweckt unsere schlafende Erde zum Leben, Artwork by Josephine Wall
Gaia erweckt unsere schlafende Erde zum Leben, Artwork by Josephine Wall (Bildquelle: www.josephinewall.co.uk)

Die Gaia-Hypothese entstand in den 1970er Jahren. Sie fasst die Erde als quasi durchdrungen von einem riesigen Organismus auf, einem sich selbst regulierenden lebenden System, das den Planeten umfassend kolonisiert und für seine Zwecke umgestaltet hat. Die Eltern der Gaia-Hypothese, der englische Chemiker James Lovelock und die amerikanische Mikrobiologin Lynn Margulis, wählten für dieses Lebewesen den Namen der griechischen Göttin Gaia, der mythologischen Personifizierung der Erde.

Im Gegensatz zu Planeten, die keine Lebensformen beherbergen, befinden sich Erdatmosphäre und Erdkruste nicht in einem toten Gleichgewichtszustand, sondern in einem lebendigen Fließgleichgewicht. Das betrifft Größen wie Temperatur, Zusammensetzung der Atmosphäre, Salz- und Säuregehalt der Meere, Bodenzusammensetzung, ja sogar Aspekte der Überformung der Erdkruste. Der Fließgleichgewichtszustand ist ein Resultat des vergangenen Lebens auf der Erde und ermöglicht die Existenz und Weiterentwicklung des Lebens in seiner heutigen Form. Über Jahrmillionen entstanden, ist das Fließgleichgewicht stabil, aber nicht statisch, sondern in langsamer Veränderung begriffen. Seine Stabilität ist auf das immerwährende gerichtete Fließen von Energie und Materie zurückzuführen und auf das Wirken komplexer stabilisierender Regulationsmechanismen, sogenannter negativer Feedback-Schleifen. Aktiv, aber unbewusst, sind die Lebewesen der Erde – so wie die Zellen und Organe eines Organismus – an der Regulation ihrer Umwelt beteiligt.

Fließgleichgewicht, Selbstregulation und Entwicklung sind jene Eigenschaften, die die Erde mit uns bekannten Lebewesen teilt. Das bewog Lovelock & Margulis, Gaia als Lebewesen aufzufassen.

Video: „Die Atmung der Erde“ – Visualisierung der Gaia-Theorie auf Basis von NASA-Satelliten-Aufnahmen, erstellt von Raymond Brouwersc:

Die unmittelbare Reaktion des sogenannten gesunden Menschenverstandes auf diese Hypothese ist nicht selten Ablehnung. Aber Moment! Angenommen, unsere weißen Blutzellen oder die Zellen im Blatt eines Baumes fragten sich, ob der Mensch oder Baum, dessen Bestandteile sie sind, lebendige Wesen oder nur eine Art Matrize wäre, auf der sie und ihresgleichen relativ unabhängig existierten. Diese Frage wäre tatsächlich für die hypothetische selbstbewusste Zelle nicht einfach zu entscheiden.

Fakt ist allerdings, dass durch die Gaia-Hypothese wissenschaftlich nicht viel zu gewinnen ist. Obwohl sie manchmal als kopernikanisch, also revolutionär und weltbildverändernd, bezeichnet wurde, gibt es im Gegensatz zur kopernikanischen Revolution, die das bis dahin kaum zu lösende Rätsel der Schleifenbahnen bestimmter Planeten auf elegante Weise aufklärte, keine derartigen Aha-Erlebnisse durch die Gaia-Hypothese.

Sadness of Gaia - Artwork by Josephine Wall
Sadness of Gaia – Artwork by Josephine Wall
(Bildquelle: www.josephinewall.co.uk)

Die Gaia-Hypothese bietet Raum für verschiedene Interpretationen. Die stärkste Interpretation ist eine quasi-mystische. Ihre Anhänger nehmen an, dass Gaia buchstäblich Bewusstsein besitzt und ihre eigenen Zwecke verfolgt. In der schwächsten Interpretation ist die Hypothese eine Art Metapher, ein poetisches Bild für den unbestreitbaren Fakt, dass in der Biosphäre alles mit allem zusammenhängt, und dass Eingriffe in diese Zusammenhänge unter Umständen den Zusammenbruch des gesamten Systems verursachen können. In dieser Form ist die Gaia-Hypothese vor allem bei Umweltaktivisten und Geomantie-Anhängern beliebt, da sie besonders sinnfällig macht, wie verhängnisvoll die Folgen des verantwortungslosen Agierens der Menschheit für die Erde sind.

www.everyday-feng-shui.de

Weiterführende Links:

wikipedia.org – Gaia in der griechischen Mythologie
erdcharta.de – Offizielle Website der Erd-Charta Deutschland
ef-magazin.de – James Lovelock: Ein Vater des Klima-Alarmismus korrigiert sich

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Über Long Wang 326 Artikel
Meister Long Wang ist seit 2007 Teil des Everyday Feng Shui Redaktionsteams und bereichert seither als Experte für Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) mit seiner fernöstlichen Perspektive auf die Welt unsere Plattform. Zu erreichen ist er unter l.wang@everyday-feng-shui.de

1 Kommentar

  1. Eine interessante Veröffentlichung zur Gaia-Hypothese:

    „Wikimedia commons File: Planet Formation PDF.“

    Gruß

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