Geomantie vs. Feng  Shui: Quo Vadis Geomantische Methoden?

Geomantie und Feng  Shui – Abgrenzung oder Annäherung? Irmgard Brottrager, Vertreterin des „Europäischen Fengshui“ plädiert für mehr Besinnung auf die gemeinsame Grundbedeutung

Foto (C) Irmgard Brottrager
Ob Äther, Chi, Mana, Prana oder „Atem des Universums“, es gibt nur eine Lebensenergie, aber viele Erscheinungsformen. Fotos © Irmgard Brottrager

Nachdem ich hier zum zweiten Mal die Gelegenheit bekomme, etwas zu publizieren, und in Zukunft zum Redaktionsteam von „Everyday Feng Shui“ gehöre, möchte mich zuerst näher vorstellen: Mein Name ist Irmgard Brottrager, ich bin 1961 in der Oststeiermark geboren, habe in Graz Architektur studiert und 1989 mit dem Diplom abgeschlossen. Schon damals ging ich besonders gerne zu den Vorlesungen von Professor Josef Klose, der für Innenarchitektur zuständig war und als Anhänger der Rudolf-Steiner-Philosophien von Dingen erzählte, die über gewöhnliche Einrichtungsplanung weit hinausgingen. Er orientierte sich außerdem an Hugo Kükelhaus und brachte uns viel über Wohnphysiologie bei. Als ich ihm erklärte, dass ich meine schriftliche Diplomarbeit zum Thema Wohnpsychologie verfassen möchte, stimmte er zu, obwohl diese spezielle Schiene nicht zu seinem Spektrum gehörte. Für die Projektarbeit suchte ich mir das Thema „Mitbestimmungswohnbau“ aus, der in Deutschland als „Baugruppen-Modell“ bekannt ist. Man versteht darunter Geschoß-Wohnbauten, bei denen die späteren Eigentümer möglichst weitgehend mitbestimmen dürfen, bis hin zur Fassadengestaltung. Somit waren meine Wegrichtungen eingeschlagen, ehe ich von Geomantie oder Feng Shui etwas gehört hatte. Ich wusste, dass ich mich für die Zusammenhänge zwischen Raum und Mensch interessiere, und dass mir eine Architektur vorschwebt, die nicht gleich gestaltet ist für alle möglichen Menschen-Typen, sondern ganz auf die Individualität ihrer Benutzer zugeschnitten ist.

Neue Geomantie und chinesisches Fengshui seit den 1980er-Jahren in Europa

Ob Äther, Chi, Mana, Prana oder "Atem des Universum", es gibt nur eine Lebensenergie, aber viele Erscheinungsformen.  Fotos (C) Irmgard Brottrager

Die Bezeichnung „Geomantie“ war bis Mitte der 1980er-Jahre selbst unter Radiästheten unbekannt. Ungefähr zu gleichen Zeit, Ende der 1980er-Jahre gelangte Feng Shui über Amerika nach Europa. Wenige Jahre später waren die Auslagen der Buchhandlungen voll mit den entsprechenden Büchern. Mein „Wiedereinstieg“ in die Materie erfolgte relativ spät. Ich absolvierte zuerst 7 Praxisjahre in verschiedenen Architekturbüros in Graz, Wien und Karlsruhe, danach zog es mich in die Selbstständigkeit als Architektin. Inzwischen hatte sich ein unübersehbarer Feng Shui Boom entwickelt, daher versuchte auch ich mich weiter zu bilden. So richtig ernst wurde es aber erst, als ein Seminarangebot von Siegfried Prumbach meine Aufmerksamkeit auf sich zog. Hier begann ich erstmals tiefer einzutauchen, um eine Grundausbildung als „Geomantie-Beraterin, Bereich Landschafts- und Lebensraumgestaltung“ abzuschließen.

Entwicklung des „europäischen Fengshui“ auf Basis der „Neuen Geomantie“

Foto (C) Irmgard Brottrager

Da ich Prumbach´s Methode zwar genial fand, sie mir in der Praxis aber zu ausufernd erschien, habe ich mich auf die Raumanalysen mit dem geomantischen Lebensrad konzentriert, sie mit Informationen aus anderen Wissensquellen angereichert und die „typischen“ geomantischen Disziplinen weggelassen. Die Methode, die ich jetzt vertrete, nenne ich „Europäisches Fengshui“, weil sie westlichen Ursprungs ist, aber in der Anwendung sehr ähnlich wie chinesisches Feng Shui funktioniert. Dass die Begriffe vermischt verwendet werden, ist nichts Neues, weil es von vorneherein Meinungsverschiedenheiten und Missverständnisse hinsichtlich ihrer Bedeutung gab. Bei mehreren englischen Büchern wurde „Feng Shui“ als „chinesische Geomantie“ ins Deutsche übersetzt. Beide Begriffe, Geomantie wie Feng Shui wurden bald für alles Mögliche verwendet, was irgendwie mit feinstofflichen Phänomenen zu tun hatte. Die Auswüchse dieser Entwicklung sind zum Teil derart haaresträubend, dass Berater, die auf ihren guten Ruf bedacht sind, lieber neue Begriffe erfinden, um nur ja nicht in Berührung mit den vordergründigen Klischees zu kommen. Auch ich hatte anfangs Sorge, von allen ausgelacht zu werden, wenn ich meine neu erworbenen Kompetenzen als „Feng Shui“ bezeichne. Denn das ist doch dieser abergläubische Hokuspokus mit den Windspielen und Zimmerbrunnen, die kein Mensch nachvollziehen kann, oder? Und Geomantie, das ist doch das mit den Wünschelruten und dem Pendeln, also auch nichts Seriöses, sondern sowas ähnliches wie Karten legen oder Münzen werfen? Wie sollte das zu meiner Haltung als verantwortungsbewusste und künstlerisch orientierte Architektin passen?

Es gibt nur ein Chi und ein geomantisches Grundprinzip, aber viele Anwendungsmöglichkeiten

Foto (C) Irmgard Brottrager

Ich denke, das Chi ist überall das Gleiche und grundsätzlich unsichtbar. Oder gibt es jemanden, der glaubt, dass der Äther in Europa eine andere Konsistenz hat als das Chi in China? Es ist eine Substanz, die besonders von feinsinnigen Menschen wahrgenommen wird, viele wichtige Geomanten sind zugleich Künstler. Logischerweise interessieren sich Menschen, die sich für Feng Shui begeistern, auch für andere feinstoffliche und spirituelle Methoden. Auch in diese Richtung kommt es also zu einer Durchmischung, denn wer sich einmal mit Edelsteinen, Farben oder Aura-Diagnose beschäftigt hat, der kann diese Kenntnisse ja nicht länger ausklammern. Menschliches Bewusstsein lässt sich nicht in Schubladen einsperren, schon gar nicht im Zeitalter der globalen Internetkommunikation. Daher plädiere ich für eine Rückkehr zu den Wurzeln, was die Begriffsdefinitionen betrifft, wir brauchen keine neuen. Und zugleich für Offenheit und Integration, was die praktische Anwendung betrifft. Hier sollen dem Forschungsdrang und der Innovationsfreude keine Grenzen gesetzt werden. Wenn man Geomantie und Feng Shui nur als Überbegiffe verwendet für alle Methoden, die sich mit dem Zusammenhang zwischen Mensch, Raum und Bewusstsein beschäftigen, sind sie auch nicht peinlich. Und es schadet nicht, mehrere Ausdrücke nebeneinander zu haben, das sorgt für eine gewisse Abwechslung. Ich wage zu prognostizieren, dass es sowieso darauf hinauslaufen wird und dass man in jedem Fall näher erklären muss, was man erwartet oder anbietet. Feng Shui und Geomantie haben außerdem gemeinsame Wurzeln, nämlich das indische „Vastu“. Vastu gilt als Mutter des Feng Shui und kam mit dem Buddhismus nach China. Nach Europa gelangte es erstmals in der römischen Antike, also viel viel früher, als hier die Neue Geomantie „wiederentdeckt“ wurde.

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Über Irmgard Brottrager 833 Artikel
Irmgard Brottrager ist Dipl.Ing. für Architektur und Innenarchitektur. Sie beschäftigt sich vorzugsweise mit Themen, die mit dem Menschen und seinem Umfeld zu tun haben. Irmgard erreicht ihr unter i.brottrager@everyday-feng-shui.de

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