Gedanken sind mächtig, heißt es, aber wer denkt eigentlich, wenn wir denken? Mächtig sind wir eigentlich nur dann, wenn es uns gelingt, den Gedankenstrom anzuhalten. Während Gedanken leicht zu Quälgeistern werden, eröffnen stille Momente neue Einsichten.

Stille Meditationen
Geführte Meditationen sind nicht frei von Gedanken, sondern voller Gedanken und Vorstellungen. Auch Meditationen, bei denen etwas beobachtet wird, zum Beispiel eine Kerzenflamme oder der Atem, ein Mandala oder Naturgeräusche, sind nicht frei von Inhalten. Stille Meditationen werden oft von Vorstellungen getragen, die dem Zweck dienen, Gedanken zurückzuhalten. Diese Vorstellungen sind genau genommen auch Gedanken. Es ist sehr schwierig, wirklich an gar nichts zu denken, weil über die Augen, Ohren und andere Sinnesorgane ständig Informationen hereinströmen. Man kann die Augen schließen, um optische Reize zu minimieren, aber eine Vielzahl von körperlichen Wahrnehmungen bleibt bestehen.
Tierische Meditationen, Einheitserlebnisse
Dies ist eine Art von Kommunikation, die Tieren abgeschaut ist, die auf Weiden grasen. Auch Katzen können sehr gut „meditieren“. Hunden fällt das „Einswerden“ mit ihrer Umgebung offenbar nicht so leicht. Es ist ein genüssliches Verharren im Augenblick, ohne Impulse, etwas zu denken oder zu unternehmen. Gedanken ziehen, wenn überhaupt, nur oberflächlich dahin. Es spielt keine Rolle, ob man dabei liegt, geht, sitzt oder einer Arbeit nachgeht, die kein Nachdenken erfordert. Solche Meditationen wirken entspannend und nährend.
Vipassana
Eine weitere Möglichkeit ist, alles mit Bedacht zu tun und selbstvergessen in allen Aufgaben aufzugehen, ähnlich wie Kinder es beim Spielen tun. Bei Vipassana-Meditationen geht es um die urteilsfreie Aufmerksamkeit, die wir allem entgegen bringen, womit wir zu tun haben. Sie helfen dabei, zu erkennen, wie die Dinge wirklich sind. Sie machen uns gelassener und zufriedener.
Linktipp: https://buddhastiftung.org/was-ist-vipassana-meditation
Spirituelle Dissoziation
Dieser Begriff stammt von Jonathan Dilas und bezeichnet einen Zustand, der eintritt, wenn es gelingt, die Gedanken eine kurze Zeit lang vollständig anzuhalten. Seine Theorie ist, dass gar nicht wir selbst es sind, die denken, sondern dass wir einen Denker in unserem Gehirn haben, der penetrant unsere Aufmersamkeit möchte. Wenn man aufhört, sich mit diesem Denker zu identifizieren, ändert sich die Wahrnehmung der Realität. Wir gewinnen Distanz zu allen Beobachtungen und Geschehnissen. Der Gedankenfluss beginnt zu stocken und verliert seine Macht über uns. Da das ständige Denken sehr energieaufwändig ist – besonders dann, wenn wir ein Problem haben, das wir lösen wollen – gewinnt das Leben an Leichtigkeit. Es findet eine gewisse Trennung statt, nicht nur von der physischen Realität, sondern auch von den Emotionen und Gedanken, die man bisher für die eigenen hielt. Die viel gerühmte Einheitserfahrung findet mit dieser Methode nicht statt, sondern die Praktizierenden gewinnen neue Perspektiven, Einsichten und Standpunkte.
Gedanken rauben viel Kraft
Bei allen Meditationen geht es darum, den gewöhnlichen Fluss der Gedanken zu unterbrechen und entweder zu beruhigen, umzulenken oder möglichst zum Stillstand zu bringen. Warum sollten wir so etwas anstreben, wenn es keine wohltuenden Wirkungen hätte? Weil wir uns danach meistens erfrischt, geerdet, erfüllt und zufriedener fühlen als zuvor! Ärgerliche Erlebnisse berühren uns viel weniger und lösen weniger Emotionen aus. Man kann solche Effekte auch erzielen, wenn man einfach nicht mehr alles glaubt, was irgendwo geschrieben steht oder was Mitmenschen erzählen. Abgesehen davon, dass sich die Wahrheit schwer in Worte fassen lässt, sind die wenigsten Menschen vollkommen wahrhaftig und klar im Kopf. Sie geben einfach das wieder, was ihnen in den Sinn kommt – sprich, was ihr Denker im Gehirn von sich gibt. Manipulationen, egal ob absichtlich oder naiverweise, sind an der Tagesordnung. Abgesehen davon hat jeder Mensch seinen eigenen Wahrnehmungsfilter, der seine sowieso sehr beschränkten Warnehmungsfähigkeiten weiter reduziert.
Wenn das Gehirn heiß läuft …
Das „automatische Denken“, dem die meisten Menschen folgen, erzeugt einen ungeheuren Stress voller Aufgaben, Problemen und Verpflichtungen, gemischt mit riesigen Mengen von Belanglosigkeiten und blankem Unsinn. Im Smalltalk muss man sich selbst dann etwas einfallen lassen, wenn einem eigentlich gar nichts einfällt und gar kein Interesse an Unterhaltung besteht. Es ist ein ungeschriebenes Gesetz, dass das Gehirn ständig beschäftigt werden muss, meist mit Spekulationen, Klatsch, Mainstream-Unterhaltung und Plattitüden. Mit echtem Nachdenken haben diese „Gehirnleistungen“ nichts zu tun. Um Lebensenergie zu sparen, sollten wir also öfter mal „abschalten“ und wenn möglich, die Perspektive wechseln! Die meisten Menschen begnügen sich mit einseitigen Betrachtungsweisen. Es gibt so viele Möglichkeiten, die Dinge wahrzunehmen und damit umzugehen!
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