Wahre Liebe: Was ist das eigentlich?

Überall, wo Menschen in einem Haushalt wohnen, geht es nicht nur um Raumgestaltung, sondern auch um Beziehungsfragen. Mit einer starken Feng-Shui-Beziehungsecke ist die Sache nicht erledigt.

Zweckbeziehungen mit eingeschränkten Freiheiten

„Liebe dich selbst und es ist egal, wen du heiratest“, lautet ein viel zitierter Buchtitel von Eva-Maria Zurhorst. Um dieses Buch soll es nicht gehen, denn ich habe es nicht gelesen. Der Titel spricht für sich selbst und wird inzwischen wie ein Sprichwort gehandelt. Es ist vieles dran an diesem Satz, denke ich, aber er ist sicher nicht der Weisheit letzter Schluss. Jeder kann jeden lieben, egal wie der andere ist oder darauf reagiert. Wenn man mit sich selbst im Reinen ist, kann man es mit (fast) jedem aushalten. Allerdings ist eine einseitige Liebe, die vielleicht für eine herkömmliche Ehe reicht, nicht das, was man sich unter einer erfüllten Beziehung vorstellt. Die Ehe ist ein wirtschaftlicher Pakt zum Zweck der Familiengründung und -Erhaltung – ähnlich wie ein Firmenzusammenschluss. Man muss sich weder lieben dafür noch ein Naheverhältnis pflegen. Außerdem stellt sich irgendwann die Frage, was es bringt, jemanden außerhalb von sich selbst zu lieben, wenn es vollkommen egal ist, wer oder was das Objekt der Liebe ist. Kann man diese globale Zuneigung zu allem und jedem noch überhaupt noch Liebe nennen? Oder ist es gar die einzig wahre Liebe?

Meditative Beziehungen

„Liebe dich selbst und beobachte“ wird als tiefgründiges Sutra von Gautama Buddha überliefert. Das klingt so ähnlich wie das Sprichwort von Zurhorst, aber distanzierter. Während bei Zurhorst das christliche Gebot „Liebe den anderen wie dich selbst“ durchklingt, wird hier klar, dass man niemanden mehr lieben kann als sich selbst. Also genügt es, sich selbst zu lieben. Es macht keinen Sinn, beim Lieben mit Dingen und Wesenheiten anzufangen, die sich im Außen befinden. Niemand kann einen anderen besser behandeln als sich selbst. Das bedeutet aber auch, dass die größte Liebe nichts nutzt, wenn ein geliebter Mensch sich selbst viel weniger liebt. Der Geliebte kann die Liebe nicht annehmen und wird den Liebenden misshandeln, weil er alles, womit er nicht im Reinen ist, am anderen ablehnt. Es ist sinnvoller, nur an der eigenen Liebe zu arbeiten. Dann wird sich alles andere weisen. Wer sich selbst liebt, der tut sich logischerweise nichts Liebloses an und lässt alle Menschen vorbeiziehen, die weniger Liebe ausstrahlen. Wer sich selbst über alles liebt, lässt nichts zu, was seine Entwicklung einschränken könnte. Bindungen an Ehen, Kirchen und staatliche Vorschriften sind daher ausgeschlossen.

Mutterliebe, Foto (C) ND Strupler / flickr CC BY 2.0
Mutterliebe, Foto (C) ND Strupler / flickr CC BY 2.0

Offene Beziehungen ohne Bindungsanspruch

Es ist keine wahre Liebe, wenn man einen Partner haben und an sich binden möchte, erklärte Kurt Tepperwein in einem Video. Wahre Liebe möchte nur eines: Den anderen in seiner Entwicklung fördern, ohne seine Freiheiten irgendwie einzuschränken. Wer ein idealer Partner sein möchte, muss das Göttliche in seinem Gefährten sehen. Es ist nicht natürlich, nur einen Menschen zu lieben oder zu verlangen, dass der Partner seine Kontakte zu anderen Menschen einschränkt. Wahre Liebe ist also nicht auf einen Partner fixiert, sondern etwas, was man ausgießt wie Wasser aus einer Gießkanne. Man ist zwar auf einen Partner ausgerichtet, aber nicht abhängig von diesem Partner. Die Liebe, die man ausstrahlt, kann genauso gut woanders hinfallen.

Alte Liebe, Foto (C) Thomas8047 / flickr CC BY 2.0
Alte Liebe, Foto (C) Thomas8047 / flickr CC BY 2.0

Eheliche und religiöse Pflichten

Das, was herkömmlich unter einer Partnerschaft verstanden wird, ist von vielen Pflichten und Kompromissen geprägt. Man fängt sich mit erotischer Anziehungskraft jemanden ein, um jemanden zu „besitzen“ und wirtschaftliche Vorteile zu genießen. Auf diese Vorteile hat man ein lebenslanges, verbrieftes Recht, das man notfalls gerichtlich durchsetzen kann. In der Kirche bekommen die Gläubigen zu hören, dass man die eigenen Wünsche und Bedürfnisse zurückstellen muss, weil man sonst ein ganz schlimmer Egoist ist. Ein guter Mensch ist man nur, wenn man sich unterordnet und anderen dient. Eine Ehe ist vor dem Christengott selbst dann nicht auflösbar, wenn sie standesamtlich geschieden wird. Man muss sich zusammenraufen und an der Beziehung „arbeiten“, um sie so lange durchhalten könnten, bis der Tod die Scheidung herbeiführt. Da beide Partner auf Gedeih und Verderben von einander abhängig bleiben, sind Machtspielchen vorprogrammiert. Der Einzelne kann sich ja schließlich nicht wehren, denn er ist und bleibt dem anderen ausgeliefert. Irrtümer bei der Partnerwahl müssen ein Leben lang gebüßt werden. Gar nicht zu reden von Ehen, die minderjährig und völlig unreif geschlossen wurden.

6 Säulen einer erfüllten Paar-Beziehung


Die meisten Menschen möchten zwar ein gewisses Maß an Bindung, Treue und Zugehörigkeit, aber sie möchten auch frei sein und sich jeden Tag neu entscheiden können, was sich stimmig anfühlt und was nicht. Sobald man zusammenzieht, eine gemeinsame Firma gründet oder Kinder in die Welt setzt, kommt man um Verbindlichkeiten und Verpflichtungen nicht herum. Eine erfüllte Beziehung entsteht, wenn man sich gemeinsam auf eine Weise entwickeln kann, von der beide Seiten profitieren. Damit diese Entwicklung glücklich verläuft, sind mindestens 6 Voraussetzungen zu erfüllen. Daraus folgt, dass nicht jeder Mensch beziehungsfähig ist, sondern zuerst an sich selbst arbeiten muss, bevor er ein guter Partner sein kann.

  • Ein liebevoller und harmonischer Umgang mit sich selbst und anderen.
  • Gemeinsame Ziele und ein gemeinsamer Weg: Wer keine eigenen Ziele hat, kann auch keine gemeinsamen haben.
  • Offener und ehrlicher Austausch: Wer sich nicht mitteilen möchte oder sich selbst betrügt, kann hier nicht mitspielen.
  • Freude an der Zweisamkeit und an der Kooperation: Wer nicht gerne zuhört, kein Mitgefühl hat und nicht auf andere eingeht, ist noch nicht reif für eine Beziehung.
  • Vertrauen, Hingabe und unverstellte Authentizität: Getue, Schminke und Masken sind hier nicht förderlich.
  • Die Fähigkeit, sich abzugrenzen und Konflikte auszutragen: Wer kennt seine Grenzen und kann sie auf friedliche Weise verteidigen?
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Über Irmgard Brottrager 833 Artikel
Irmgard Brottrager ist Dipl.Ing. für Architektur und Innenarchitektur. Sie beschäftigt sich vorzugsweise mit Themen, die mit dem Menschen und seinem Umfeld zu tun haben. Irmgard erreicht ihr unter i.brottrager@everyday-feng-shui.de

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