Hände weg von der Quantenphysik! Geist-Materie-Beziehungen werden in der Quantenphysik nicht untersucht. Quanten Feng Shui: Warum die Feng Shui Szene einmal mehr die Chance verpasst, von naturwissenschaftlich orientierten Zeitgenossen ernst genommen zu werden.
Wenn man in den vergangenen Jahren Trends in der Esoterik-Szene ausmachen kann, dann gehört der inflationäre Gebrauch des Begriffs „Quanten“ auf jeden Fall dazu. Meist taucht er als Bestandteil eines zusammengesetzten Wortes wie beispielsweise in Quanten-Tarot, Quantenheilung, Quanten-Bewusstsein usw. auf. Branchenkenner wissen, dass es nur noch eine Frage der Zeit sein konnte, bis der erste Feng Shui Beratungsanbieter mit „Quanten Feng Shui“ wirbt. Inzwischen ist es so weit: Die BildungsGruppe Glaser („Meisterschule zur Bewusstseinserweiterung“) bietet einen Lehrgang zum Thema „Inspirations- und Quanten-Feng-Shui“ an.
Was macht die Quantenphysik für die Esoterik-Branche und jetzt auch für die Feng Shui Szene so reizvoll? Möchte man etwa die Welt des Paranormalen mit Hilfe der Quantenphysik auf dem Parkett der Wissenschaft salonfähig machen? Was auch immer die Gründe sein mögen: Sie beruhen auf einem Missverständnis. Was die Esoterik-Branche als Quintessenz aus der Quantenphysik extrahiert hat, entspricht in etwa folgender Aussage: Die Quantenphysik beweise eindeutig, dass unser Geist es ist, der die materielle Welt erschafft (oder zumindest beeinflusst). Tatsache ist, dass die Quantenphysik von solch einer Aussage genauso weit entfernt ist wie noch vor 80 Jahren, als dieser neue Wissenschaftszweig erstmals das konventionelle Bild von der Welt erschütterte.
Die Quantenmechanik: Ein funktionierendes Formelwerk
Bei näherer Betrachtung zeigt sich, dass die Quantenmechanik zunächst einmal nichts weiter ist als ein gut funktionierendes Formelwerk, mit dem man statistische Wahrscheinlichkeiten berechnen kann: Genau genommen geht es dabei um die Wahrscheinlichkeit, bestimmte Elementarteilchen (wie z.B. Photonen) an bestimmten Orten anzutreffen, wenn man mit geeigneten Messvorrichtungen dort nach ihnen sucht.
Revolutionär an der Quantenphysik ist die Erkenntnis, dass diese Elementarteilchen offenbar überhaupt nicht existieren, solange nicht eine Messung das Teilchen zum Erscheinen zwingt. Bis zu einer solchen Messung lassen sich keine Teilchen sondern lediglich über den Raum verteilte Wellenstrukturen nachweisen. Diese Wellenstrukturen lassen sich mit den Quantenformeln berechnen.
Der Welle-Teilchen-Dualismus
Beispiel: Schießt man Lichtteilchen (Photonen) durch zwei eng nebeneinander liegende Spalte (Doppelspalt), dann zeigt sich auf einem Schirm, der hinter den Spalten aufgestellt ist, ein Interferenzmuster. Dieses Muster entsteht durch Überlagerung der Teilchenwellen, die von den beiden Spalten ausgehen. Schließt man einen Spalt, so zeigt sich auf dem Schirm eine einfache Dichteverteilung ohne Muster.
Interessant: Schießt man nun einzelne Photonen in größerem zeitlichen Abstand nacheinander durch den Doppelspalt, zeigt sich nach und nach ebenso ein Interferenzmuster auf dem Schirm. Nach klassischer Vorstellung kann das eigentlich nicht sein, da das Teilchen ja nur einen der beiden Wege passieren und nicht mit sich selbst interferieren kann. Noch verwunderlicher wird es, wenn man nun einen der beiden Spalte schließt: Als wüsste das Teilchen, ob der Spalt geöffnet oder geschlossen ist, zeigt es wieder eine einfache Dichteverteilung.
Die Schlussfolgerungen daraus
Die Schlussfolgerung daraus ist nun, dass das Teilchen bis zum Zeitpunkt als der Schirm es zum Erscheinen gezwungen hat, überhaupt kein Teilchen im klassischen Sinne war, sondern eine Art „Möglichkeitswelle“, die beide Wege gleichzeitig genommen hat. Das Ergebnis des Experiments, also der Zusammenbruch der Möglichkeitswelle im Moment der Beobachtung und die mysteriöse Verwandlung in ein Teilchen, verleitet zu der anfangs erwähnten Aussage, es sei der Geist des Beobachters gewesen, der aus der Wahrscheinlichkeit eine Wirklichkeit macht und somit die materielle Welt erschafft.
An dieser Stelle ist Vorsicht geboten! Eine solche Schlussfolgerung ist schlichtweg falsch, denn was das Teilchen zum Erscheinen zwingt, ist der Schirm, nicht der Geist des Beobachters. Ebenso verhält es sich mit dem Verschwinden des Interferenzmusters. Es verschwindet nicht durch die Absicht des Beobachters, sondern durch dessen Interaktion mit der Messvorrichtung zum Abdecken des Spaltes. Beides funktioniert unabhängig vom Beobachter und ist somit objektiv wie die Tatsache, dass ein losgelassener Stein zu Boden fällt.
Kann unser Bewusstsein die Realität beeinflussen?
Die eigentlich interessante Frage ist also nicht, warum beim Doppelspalt-Versuch aus der Welle ein Teilchen wird, sondern warum das einzelne Teilchen exakt an der betreffenden Stelle einschlägt und nicht an einer anderen, die innerhalb des Interferenzmusters liegt. Was die Quantenphysik nämlich lediglich vermag, ist Aussagen treffen über das durchschnittliche Verhalten einer sehr großen Anzahl von Teilchen. Bei der Vorhersage des Verhaltens einzelner Teilchen versagt die Quantenphysik. Warum ist das so? Dafür gibt es drei Erklärungsmodelle:
- Das Verhalten des Teilchens erfolgt tatsächlich zufällig.
- Jedes mögliche Verhalten des Teilchens geschieht in einer parallelen Realität (Viel-Welten-Theorie).
- Das einzelne Teilchen verhält sich so, wie durch das Bewusstsein eines Beobachters vorgegeben.
Die Quantenphysik gibt auf diese Frage keine Antwort. Schauen wir uns die ersten beiden Erklärungsmodelle an, so müssen wir feststellen, dass unser freier Wille weder in einer rein zufallsgesteuerten Welt, noch in einer Welt, in der jede mögliche Realität parallel stattfindet, etwas verloren hätte. Erstere würde weitestgehend nach statistischen Gesetzen ablaufen und letztere Welt hätte zur Folge, dass jede parallele Instanz unserer selbst ausschließlich ihre eigene Realitätsvariante erleben würde.
Kann unser Bewusstsein den Lauf der Dinge beeinflussen? (Foto: Halcyon Styn)
Um ehrlich zu sein, hier würden wir uns als Feng Shui Liebhaber etwas wohler fühlen in unserer Haut, wenn wir von Annahme drei ausgehen dürften: Und zwar, dass unser Bewusstsein bei der Auswahl der Realität eine Rolle spielt und wir Einfluss nehmen können auf unsere Wirklichkeit. Um diese These zu beweisen, müssten wir zeigen, dass wir mit unserem Willen einzelne Teilchen steuern können und ein verändertes Muster auf dem Schirm hinter den Spalten erzeugen könnten. Solche Geist-Materie-Beziehungen werden in der Quantenphysik jedoch nicht untersucht, deshalb kann diese auch keine Aussagen darüber treffen. Die Quantenphysik beweist also überhaupt nichts, was der Esoterik oder dem Feng Shui zweckdienlich sein könnte.
Aus diesem Grund haben wir eine Bitte an die Feng Shui Szene: Lasst die Hände von der Quantenphysik, wenn ihr irgendwann einmal von naturwissenschaftlich orientierten Zeitgenossen ernst genommen werden wollt!
Quellenangabe
Dieser Artikel basiert auf einem herausragenden Beitrag von Dipl.-Ing. Jörg Starkmuth (Quantenphysik und Bewusstsein – eine Klarstellung) in der Zeitschrift „Welt der Esoterik“ (Ausgabe 04/10). Jörg Starkmuth ist Verfasser des 2005 erschienen Buches „Die Entstehung der Realität – Wie das Bewusstsein die Welt erschafft“. Weitere Informationen unter www.starkmuth.de
Am 15. Februar 2014 erschien in der FAZ folgender Beitrag zu dem Thema und dieser spricht für sich, um Positionen zu überdenken:
http://www.faz.net/aktuell/wissen/physik-chemie/philosophische-quantenphysik-ganz-im-auge-des-betrachters-12792104.htm
In einer Feng Shui Beratung geht es doch in der Regel um zwei große Themenbereiche: um die Formschule, d.h. ich ändere Architektur und sichtbare Materie. Ich ziehe eine Wand, pflanze eine Hecke, arrangiere die Möbel anders, ich verändere Eingangssituationen u.v.m.
Dann arbeiten wir mit dem zweiten großen Bereich, in dem wir Chi, zeitliche Einflüsse, Bazi Informationen, Richtungssyssteme u.v.m. mit der Formschule kombinieren, um ein Ergebnis zu produzieren.
Wollte man das medizinisch übersetzen, so ist Formschule ein chirurgischer Eingriff (Bein aufschneiden, Knochen schienen) und Kompasschule/Bazi ein feinstofflich/ homöopathischen Bereich (Chi Einflüsse, Informationsfelder, Zeitmatrixen etc.).
Dabei entwickele nicht nur ich als BERATER mit meinem Geist eine Zielvorstellung und setze diese mit der Beratung um, ich teile diese ja auch dem Kunden mit. Diese setzt nun die empfohlenen Massnahmen nicht nur um, sondern mit der richtigen Intention um.
Damit verändere ich auf vielen Ebenen das Informationsfeld und damit Verhaltensstrukturen.
Meiner Meinung nach kann man da das Wissen aus und um das Verhalten von Quanten nicht völlig ausblenden. Für mich ist die Welt der Quanten zumindest eine von möglichen zusammenhängenden Erklärungsebenen, warum Feng Shui funktioniert.
Zu dem Thema gibt es ja auch von Fritjof Capra das bekannten Buch „Das Tao der Physik“, das man nur jedem empfehlen kann, der sich ernsthaft mit Feng Shui beschäftigt.
In dem Zusammenhang seien auch auf Experimente der Princeton University hingewiesen:
http://www.princeton.edu/~pear/experiments.html
Beste Grüße,
Mark Sakautzky
Quantenphysik und Tao haben etwas Wichtiges gemeinsam. Wenn jemand behauptet sie verstanden zu haben, der beweist, dass er nicht im Geringsten etwas kapiert hat.
Damit schießt sich die ganze Quanten-Eso-Szene selbst ins Bein und merkt es gar nicht. Aber da wären wir wieder beim Thema ;-)
Hedwig Seipel
Welcher Feng Shui Berater möchte denn mit seinem Geist die Materie beeinflussen? Also ich möchte bei meinen Beratungen lediglich die psychologische Raum-Mensch Interaktion analysieren. Sollten dann Änderungen am Raum nötig sein, werde ich diesen keinesfalls mit meinem Geist beeinflussen sondern wie jeder normale Mensch auch mit einem Handwerker :)
Aber die Esobranche findet schon immer wieder einen Weg sich lächerlich zu machen, obwohl sie prinzipiell je einige gute Ansätze hat.
Gerhard Zirkel