Eigener Sonnenstrom vom Balkon mit Mini-Solaranlagen

Mini-Solaranlagen für Fassaden, Vordächer, Balkone und Terrassen machen eine teilweise Eigenversorgung mit Strom möglich und sind auch für Mietwohnungen geeignet. Doch bringen sie auch was?

Wenn umweltbewusste Konsumenten hören, dass man irgendwo Energie und Kosten einsparen kann, sind sie schnell zu Investitionen bereit. In Deutschland sollen bereits zigtausende Mini-Module in Betrieb sein. Die Sehnsucht nach Unabhängigkeit ist offenbar groß! Aber nicht jeder Aufwand lohnt sich – weder für die Umwelt noch für den Geldbeutel. Am Ende wird oft nur zusätzlicher Müll produziert mit allen negativen Begleiterscheinungen wie Vergeudung von Ressourcen, unnötigem Elektro-Smog und Verkomplizierung des Lebens.

Balkon-Kraftwerke sind kleine Solaranlagen, die man am Balkon unterbringen kann. Die meisten Menschen leben schließlich in Wohnungen und besitzen kein eigenes Dach, auf dem man Solarzellen montieren könnte. Dennoch möchten sie gerne zum Umweltschutz beitragen und ein kleines Stück unabhängiger werden von zentralen Stromkonzernen. Daher klingt die Idee vom hauseigenen Mini-Kraftwerk sehr verlockend. Was für eine schöne Vorstellung!

Optische Bedenken

Üblicherweise wird eine größere Anzahl von Modulen auf der Südseite eines geneigten Daches montiert und der überschüssige Strom in das öffentliche Netz eingespeist. Für ein Mini-Balkon-Kraftwerk ist ein Balkon (oder eine Terrasse) in Richtung Süden erforderlich, der im Winter nicht verschattet ist. Mieter und Miteigentümer müssen eventuell zuerst die Genehmigung bei der Hausverwaltung beantragen, denn optisch maßgebliche Eingriffe in die Fassaden-Gestaltung sind nicht überall erlaubt – vor allem nicht bei denkmalgeschützten Häusern. Wenn jeder wie wild irgendwelche SAT-Schüsseln, Windräder, Markisen, Blumenkisten, Sichtschutzwände und Paneele montiert, können die Außenansichten schnell verschandelt sein. Die Anbringung sieht wie improvisiert aus, wenn die Module eine fixe Größe besitzen und nicht genau auf die Balkonbrüstungen passen.

Die Befestigung kann mit oder ohne Dreieck-Konsolen erfolgen, die eine geneigte Ausrichtung erlauben. Auch am Zaun, als Vordach über der Balkontür oder seitlich an der Balkonbrüstung sind Anbringungen möglich. Außerdem sind die Kleinmodule nützlich für verschiedene andere Bereiche, die keinen Stromanschluss besitzen. Zum Beispiel für Gartenlauben, Tierställe, Hütten, Parkplätze, Ferienhäuser, Hausboote und Lagerplätze, um bestimmte Elektrogeräte zu betreiben.

Die Technik der Plug & Play Solaranlagen

Als Pioniere gelten unter anderen Michael Galhaup und Simon Niederkircher, die in den Jahren 2011 bis 2015 auf die Idee kamen, spezielle Balkon-Elemente zu entwickeln, die die richtige Größe haben und einfachst angeschlossen werden können. Inzwischen findet man eine große Auswahl an verschiedenen Modellen im Handel, meist mit einer Leistung von 100 bis 150 Watt – gerade genug, um einen Kühlschrank zu betreiben. Eine Überwachung per PC oder Smartphone ist möglich. Die überschüssige Energie wird nicht vergütet, sondern mittels Wechselrichtern und Solarsteckern in das eigene Hausnetz eingespeist. Der Strom sucht sich den kürzesten Weg und daher wird der eigene Strom zuerst verbraucht, während der Stromzähler des Netzbetreibers langsamer läuft oder sogar still steht.

Erschwingliche Preise und geringe Montagekosten

Die kleinen Platten sind ab zirka 350 Euro zu haben und es gibt sie auch in flexibler Form, um sie zum Beispiel an gebogenen Bootswänden anbringen zu können. Dazu kommen noch geringe Montagekosten.

Praktische und bürokratische Hürden

Vor allem bei alten Häusern kann der Anschluss in Eigenregie gefährlich werden. In den Niederlanden ist es rechtlich kein Problem, bis zu 600 Watt selber zu generieren und anzuschließen, wenn die Geräte beim Netzbetreiber gemeldet werden. In Deutschland ist es bei alten Stromzählern nicht erlaubt, Strom in das Netz einzuspeisen, wenn nicht gleichzeitig Geräte in Betrieb sind, die den Strom verbrauchen. Denn das würde dazu führen, dass die Stromzähler rückwärts laufen. Sie müssen gegen neue ausgetauscht werden, bei denen das nicht möglich ist. Wenn für die Befestigung bestehende Brüstungsmauern und Balkongeländer angebohrt werden müssen, die dem Nutzer nicht selbst gehören, sondern dem Vermieter oder der Hausgemeinschaft, besteht die Gefahr, dass Schäden an der Substanz entstehen.

Naive Umweltromantik oder sinnvolle Initiative?

Rechnet sich das? Leider nicht für Kleinhaushalte. Wenn man davon ausgeht, dass man zirka 5% der Stromkosten einsparen kann, würde es bei regulären Stromkosten von 500 Euro im Jahr zu einer Ersparnis von 25 Euro kommen. Bis sich Investitionskosten von 500 Euro amortisieren, würde es 20 Jahre dauern. Bis dahin ist die Anlage entweder veraltet oder bereits kaputt, denn die Lebensdauer wird mit 10 bis 25 Jahren angegeben. Zum Preis für das Modul können noch diverse andere Kosten kommen. Zum Beispiel für die Befestigung, für einen Elektriker (Steckdosen-Prüfung, Schutzschaltung und eventuell sogar Zählerkastentausch), für ein Gutachten des Stromanbieters und für die Baugenehmigung. Ganz so einfach, wie in der Werbung versprochen, ist es also möglicherweise doch nicht. Einfacher ist es auf jeden Fall, 5% weniger Strom zu verbrauchen durch ganz gewöhnliche Energiesparmaßnahmen.

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Über Irmgard Brottrager 833 Artikel
Irmgard Brottrager ist Dipl.Ing. für Architektur und Innenarchitektur. Sie beschäftigt sich vorzugsweise mit Themen, die mit dem Menschen und seinem Umfeld zu tun haben. Irmgard erreicht ihr unter i.brottrager@everyday-feng-shui.de

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