Kinderzimmer planen: Neues aus der Architekturpsychologie

Bei der Planung und Gestaltung von Wohnungen kommen die Bedürfnisse von Kindern häufig zu kurz. Fehlendes Wohlbefinden der Kleinen wirkt sich auf das gesamte Familienleben aus. Architekturpsychologen raten, von üblichen Raumaufteilungen abzuweichen.

„Kinder wissen zumeist selbst am besten, was ihnen gut tut“, davon ist die Regensburger Psychologin Annette Peters überzeugt. Gemeinsam mit einer weiteren Psychologin und einer Einrichtungsplanerin hat sie eine Beratungsagentur gegründet, die sich auf ein in Deutschland recht unbekanntes Gebiet spezialisiert hat: Architekturpsychologie. In diesem Beitrag wollen wir zwei wichtigen Fragen nachgehen: 1. Was machen Eltern falsch? und 2. Sollte die Meinung von Kindern tatsächlich das Maß aller Dinge sein, wenn es um das Einrichten des Kinderzimmers geht?

Wie wirkt Architektur auf uns? (Foto: Paul Hocksenar)
Wie wirkt Architektur auf uns? (Foto: Paul Hocksenar)

Wer sich in der Feng Shui Szene auskennt, weiß, dass dieses Thema eigentlich gar nicht so neu ist. Während in Fernost und in den Vereinigten Staaten schon seit Jahren psychologische Aspekte der Raumgestaltung erforscht und auch angewandt werden, hat die Wissenschaft in Deutschland die Untersuchung raumpsychologischer Phänomenen bis zum heutigen Tag stark vernachlässigt. Gerade einmal eine Handvoll Forscher beschäftigen sich mit der Frage, wie sich die Gestaltung von Räumen, Gebäuden oder gar Landschaften auf das Wohlbefinden von uns Menschen auswirken.

Angewandt werden wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Architekturpsychologie hierzulande bestenfalls, wenn es um die Einrichtung von Bürogebäuden geht. Diese werden dann jedoch in der Regel nach Effektivitätskriterien gestaltet. Das Wort „Wohlfühlen“ wäre hier also fehl am Platze. Weitaus bedenklicher ist jedoch, dass ganz besonders im privaten Wohnungs- und Hausbau architekturpsychologische Aspekte nur in den seltensten Fällen Berücksichtigung finden. Dabei ließen sich sogar bis zu einem Drittel Baukosten sparen, wenn im Vorfeld die Bedürfnisse der zukünftigen Bewohner in die Planung mit einfließen würden.

Mit Irrtümern aufräumen

Viele Eltern sind der Auffassung, dass ihre Kinder am besten außerhalb der Stadt aufgehoben sind. Wohnexperten und Psychologen teilen diese Meinung nur sehr eingeschränkt. Wenn überhaupt, dann gilt dies lediglich für recht kleine Kinder und deren Eltern, die viel Bewegungsfreiheit an der frischen Luft und in einem weitgehend straßenverkehrsfreien Raum beanspruchen.

Familie in der Natur (Foto: Jackal of all Trades)
Familie in der Natur (Foto: Jackal of all Trades)

Tatsache ist jedoch: Je älter die Kinder werden, desto mehr zieht es sie in die Stadt. Dort können sie viel leichter mit Freunden und Gleichgesinnten Zeit verbringen, Hobbys nachgehen oder später die Disko besuchen. Auf dem Land wären sie immer an die Eltern als Chauffeur gebunden und die postulierte Bewegungsfreiheit kehrt sich ins Gegenteil.

Entscheidend für die Wohnortwahl sollte also nicht so sehr der Stadt-Land-Aspekt sein, sondern vielmehr die Frage: Wo fühlt sich die gesamte Familie dauerhaft wohl? Denn nur wo sich alle wohl fühlen, kann ein harmonisches Miteinander auch gelebt werden. Während in der frühen Kindheit der Wohlfühlaspekt der Eltern überwiegt, sind es mit dem Heranwachsen der Kinder zunehmend deren Wünsche und Bedürfnisse, die berücksichtigt werden sollten. In den meisten Städten gibt es zudem entsprechende Wohnviertel, die besonders für Familien geeignet sind.

Rückzugsmöglichkeiten schaffen

Zur räumlichen Umgebung von Kindern, und somit ebenfalls ausschlaggebend für ein optimales Verhalten, gehört natürlich auch die Wohnung oder das Wohnhaus selbst. Psychologen sind sich einig, dass zwei Faktoren beim Wohnen mit Kindern eine ganz besondere Rolle spielen: sowohl Bewegungsfreiheit als auch Rückzugsmöglichkeiten. Dies gilt übrigens für Eltern und Kinder. Viele Bauherren und auch Eltern gestehen Kindern zu wenig Platz zu. Auf der einen Seite werden riesige repräsentative Wohnbereiche geschaffen. Schlaf- und Kinderzimmer hingegen sind oft regelrecht winzig.

Dies führt im Alltag nicht selten zu Konflikten. Weil das Kinderzimmer zu klein ist, wird im Wohnzimmer gespielt, was wiederum den Eltern Rückzugsmöglichkeiten nimmt. Ähnliches passiert auch, wenn das Kinderzimmer zu weit von den Aufenthaltsräumen der Eltern entfernt ist. Kinder suchen immer wieder die Nähe der Eltern für Feedback. In vielen Einfamilienhäusern liegen die Kinderzimmer häufig im ersten Stock, während sich Küche, Ess- und Wohnzimmer im Erdgeschoss befinden.

Vom klassischen Grundriss abweichen

Architekturpsychologen wie Annette Peters raten daher, beim Bau eines eigenen Hauses vom klassischen Grundriss abzuweichen. Besser wäre es, wenn sich Kinderzimmer und übrige Wohn- und Aufenthaltsbereiche der Familie auf gleicher Ebene befänden. Zudem sollten die Räume möglichst gleich groß sein. Ist dies nicht möglich, dann sollten die Eltern flexibel sein. Auch Standardwohnungen, wie sie in vielen Mietshäusern in deutschen Großstädten anzutreffen sind, lassen sich familiengerecht herrichten.

Das Wohnzimmer sollte dabei als Raum dienen, in dem sich die Familie gemeinsam aufhält – egal ob zum Essen, Spielen oder Fernsehgucken. In der Regel sind dies Tätigkeiten, die man im Sitzen ausführt. Jeder Wohnungsplaner sollte sich daher fragen, wieviel Platz man dafür wirklich benötigt. Warum also nicht einen kleineren Raum als Wohnzimmer gestalten und dafür den Kindern mehr Platz zum Herumtoben zugestehen? Dies gilt um so mehr, wenn sich zwei Kinder sogar ein Zimmer teilen müssen. Eine weitere Möglichkeit wäre, ein großes Wohnzimmer noch einmal künstlich zu teilen, um extra Rückzugsmöglichkeiten zu schaffen.

Genau hinhören, was Kinder sagen

Zimmer eines Teenagers (Foto: SarahR89)
Teenager-Zimmer (Foto: SarahR89)

Ein weiterer Tipp der Architekturpsychologen ist, den Kindern genau zuzuhören. Heutzutage dürfen Kinder zwar bei der Gestaltung der Wohnung schon viel mehr mitreden als noch vor einigen Jahren, vieles gilt aber nach wie vor als Tabu. Häufiger Streitpunkt ist die farbliche Gestaltung der Räume. Studien belegen, dass Weiß beispielsweise eine Farbe ist, die Kinder durchweg nicht mögen. Die farbpsychologische Forschung geht vielmehr davon aus, dass sich Blau ganz besonders für Schlafecken eignet und Rot die Kreativität fördert.

Mitspracherecht sollte den Kleinen ebenso bei der Einrichtung ihres Zimmers zugestanden werden. Hier gibt es jedoch Ausnahmen: Computer oder Fernseher haben bis zur Pubertät nichts im Kinderzimmer verloren. Wertvolle Möbel sind ebenso fehl am Platze wie ausrangiertes altes Mobiliar der Eltern – es sei denn, die Kinder bestehen darauf, diese Möbel haben zu wollen. Je älter die Kinder werden, desto wichtiger ist es ihnen zudem, sich von Erwachsenen oder ihren Geschwistern abzugrenzen. Darauf sollten die Eltern unbedingt Rücksicht nehmen, auch wenn Toleranz manchmal schwer fällt.

Der wichtigste Aspekt bei all dem ist jedoch, dass die Kinder zu jedem Zeitpunkt das Gefühl haben, dass es ihr Zimmer ist.

Wir freuen uns über eure Ergänzungen oder Erfahrungsberichte zu diesem Thema – gerne auch als Kommentar.

Viele Grüße
Euer Everyday Feng Shui Team
www.everyday-feng-shui.de

Quellen:
faz.net – Wenn Kinder planen dürften…
astrofengshui.wordpress.com – Kinder an die Macht…
architekturpsychologie.org – Deutschsprachiges Netzwerk der Architekturpsychologie
colourclean.de – Architekturpsychologie und Vandalismus

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Über Long Wang 326 Artikel
Meister Long Wang ist seit 2007 Teil des Everyday Feng Shui Redaktionsteams und bereichert seither als Experte für Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) mit seiner fernöstlichen Perspektive auf die Welt unsere Plattform. Zu erreichen ist er unter l.wang@everyday-feng-shui.de

2 Kommentare

  1. ….die Projekte bei Spielzimmertraum werden immer mit den Kindern erarbeitet….und dann kommen die Eltern ins Spiel….die Spielzimmer sind das zu Hause der Kinder…Wohlfühl-Charakter ist für Kinder eine andere Dimension als für uns Erwachsene…..deoch wenn es Ihr Raum ist, dann wird er auch uns Erwachsenen ein Lächeln entlocken und unsere Bewunderung bekommen….

  2. Dass man nicht auch außerhalb der Stadt eine glückliche Jugendzeit verbringen kann, bezweifle ich stark. Ich zum Beispiel komme ursprünglich vom Land und habe auch dort sehr gute Freundinnen gefunden, mit denen ich auch heute noch in sehr engem Kontakt stehe. Nach Disko oder Tanz war mir eigentlich nie so richtig. Ich habe mich in meiner Teenagerzeit viel lieber im Reitstall herumgetrieben. Das war meine Leidenschaft und meine Eltern und ich wir haben alle sehr glücklich dort gelebt. Ich hätte mir gar nichts besseres vorstellen können.

    Viele Grüße
    Marianne

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