Sie können quälen, hartnäckig sein oder auch als schnelle Ausrede herhalten: Kopfschmerzen. Auf jeden Fall sind sie allgegenwärtig. 70 Prozent der Deutschen leiden regelmäßig unter Kopfschmerzen, und auch Kinder sind betroffen. Dennoch gilt Kopfweh im Allgemeinen nicht als „richtige“ Krankheit.
Kopfschmerzen und Migräne sind in der Medizinhistorie gut dokumentiert
(„Mrs Jens Wolff“, Öl auf Leinwand von Sir Thomas Lawrence, 1815)
Mindestens 54 Millionen Menschen haben regelmäßig Kopfschmerzen. Möglicherweise ist die Zahl der Betroffenen sogar noch viel größer. Denn längst nicht jeder begibt sich mit Kopfschmerzen in Behandlung. Weil es ja „nur“ Kopfschmerzen sind, werden sie oftmals hingenommen und irgendwie ertragen. Die Apotheken dürfte es freuen. Sie haben allerlei frei verkäufliche Schmerzmittel im Angebot, die schnelle Abhilfe versprechen. Ob sie das Versprechen allerdings halten, sei dahingestellt.
367 Sorten Kopfschmerz
Immerhin sind Kopfschmerzen nicht gleich Kopfschmerzen. Es gibt mehr Arten von Kopfweh als Tage im Jahr. 367 verschiedene Kopfschmerz-Sorten listet die internationale Kopfschmerz-Gesellschaft (International Headache Society) auf. Experten aus verschiedenen Ländern haben sich in dieser Gesellschaft zusammengetan, um dem Massenphänomen endlich auf die Spur zu kommen. Es handelt sich nämlich keineswegs um eine Zivilisationserscheinung, wie man vermuten könnte. Im Gegenteil, Kopfschmerzen scheinen die Menschen schon immer geplagt zu haben. Schon aus dem Altertum gibt es Berichte darüber.
„Sick-Building-Syndrom“: Auch Wohnräume können Auslöser für Kopfschmerzen sein
(Foto: Rachel Johnson)
Trotz der doch offenbar seit Langem und auch weit verbreiteten Symptome spielt die Therapie von Kopfschmerzen in der Ausbildung der Ärzte kaum eine Rolle. Und auch unter praktizierenden Medizinern scheint das Thema nicht präsent zu sein. So schätzt es jedenfalls der Leiter der Kieler Schmerzklinik, Hartmut Göbel, ein. In dem auf Schmerzen spezialisierten Zentrum werden Kopfschmerzpatienten seit der Gründung im Jahr 1997 stationär oder auch ambulant gezielt behandelt.
Nerven reagieren überempfindlich
In den allermeisten Fällen handelt es sich bei Kopfschmerzen um sogenannte primäre Schmerzen. Das sind solche Schmerzen, die nicht Ausdruck einer anderen Störung wie zum Beispiel Augenleiden oder Zahnprobleme sind. Primäre Schmerzen entstehen vielmehr direkt im Schmerzsystem. Als Ursache kommen zum Beispiel erbliche Anlagen infrage wie sie bei der Migräne angenommen werden. Die Nerven können dann überempfindlich auf alle möglichen Reize wie Licht, Berührung oder Geräusche reagieren. Neben Kopfschmerzen gehören Übelkeit, Sehstörungen oder Schwindel zur Migräne. Etwa 32 Prozent der Frauen und 22 Prozent der Männer kennen Migräneanfälle aus eigener Erfahrung.
Migräne: Ein großer Teil der Bevölkerung leidet unter dieser neurologischen Erkrankung
(Foto: Ivan Hernández)
Auch sogenannte Spannungskopfschmerzen zählen zu den primären Schmerzen. Sie treten auf, wenn das Nervensystem mit vielen kleinen Schmerzsignalen überfordert ist. Wenn sozusagen das Fass der alltäglichen Schmerzreize überläuft, verkrampft die Nacken- und Kopfmuskulatur. Experten stufen rund 90 Prozent aller Kopfschmerzen als primäre Schmerzen ein, die dementsprechend direkt behandelt werden könnten. Im Internet gibt es verschiedene Ratgeber zum Thema, so zum Beispiel dieser recht umfassende Kopfschmerz-Ratgeber.
Impfung und Meditation
Nachdem Kopfschmerz und Migräne aus medizinischer Sicht jahrhundertelang kaum Beachtung fanden, scheint sich das in jüngerer Zeit gewandelt zu haben. Jedenfalls gibt es auch andere Ansätze als den schnellen Griff zum Schmerzmittel aus der Apotheke. Manchmal trägt die andauernde Einnahme von Medikamenten selbst zum chronischen Kopfschmerz bei. So kann es für Kopfschmerzpatienten zunächst einmal um eine Entgiftung gehen.
Die medizinische Fachwelt setzt gerade große Hoffnungen in eine Impfung gegen Migräne. Gleichzeitig rückt auch eine andere Behandlungsmethode in den Vordergrund: Die Achtsamkeitsmeditation kann vielen Betroffenen bei Schmerzen und Migräne so gut helfen wie Medikamente, wie die Migräne-Liga feststellt.
Quelle:
www.welt.de – Kopfschmerzen – was gegen die 367 Arten des Leidens hilft
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