Lenin & Feng Shui: Ein Leichnam kommt nicht zur Ruhe

Was hat Lenin mit Feng Shui zu tun? Viel mehr, als es zunächst den Anschein hat. Der Begründer der Sowjetunion liegt bis heute öffentlich aufgebahrt in einem Mausoleum am Rande des Roten Platzes an der Kremlmauer in Moskau. Welchen Einfluss hat dieser Ort auf das Schicksal Russlands?

Lenin und Feng Shui: Ein Dokumentarfilm von Wladek Jurkow Lenin und Feng Shui: Ein Dokumentarfilm von Wladek Jurkow (Bildquelle: www.arkadiafilm.pl)

Was hat Lenin mit Feng Shui zu tun? – Das haben wir uns gefragt, als wir kürzlich über einen Dokumentarfilm mit gleichem Titel („Lenin & Feng Shui“, Arkadia Film, 2008) gestolpert sind. Für alle, die nicht wissen, wer Lenin war, hier eine kurze Zusammenfassung:

Lenin, oder vielmehr Wladimir Iljitsch Uljanow – so lautete sein bürgerlicher Name, gilt als der Begründer der Sowjetunion. Als Führer der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Russlands (Bolschewiki) eroberte er in der „Oktoberrevolution“ im Herbst 1917 die Macht in Russland und errichtete einen neuen Staat, der sich selbst als Diktatur des Proletariats verstand: Die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR).

Das Lenin-Mausoleum in Moskau im März 2011 mit Besucherschlange Das Lenin-Mausoleum in Moskau im März 2011 mit Besucherschlange (Foto: thisisbossi)

Nach Lenins Tod im Jahre 1924 begann sich ein Personenkult um den kommunistischen Revolutionsführer zu entwickeln. Das Politbüro, die Machtzentrale der Sowjetunion, stand fortan unter Führung Stalins. Dieser ordnete an, den Leichnam Lenins einzubalsamieren und an der Kremlmauer zur Schau zu stellen. Ein zunächst errichtetes Holzgebäude wurde im Jahre 1930 durch ein aus Labradorstein und dunkelrotem Granit bestehendes Mausoleum ersetzt. Trotz lauter werdender Stimmen Lenin endlich beizusetzen, liegt sein Leichnam bis heute im Lenin-Mausoleum und kann öffentlich besichtigt werden.

Lenin & Feng Shui: Trailer zum Dokumentarfilm

Der Dokumentarfilm Lenin & Feng Shui beschäftigt sich mit der in Russland vehement geführten Debatte, wie mit dem mumifizierten Leichnam Lenins zukünftig verfahren werden soll. Der Erhalt des leblosen Körpers ist teuer: Schätzungen zufolge kostet es zwischen 1,5 und 2,5 Millionen US-Dollar jährlich, die sterblichen Überreste des kommunistischen Führers vor weiterer Verwesung zu bewahren. Nicht zuletzt deshalb spricht sich inzwischen die Mehrheit der Russen für eine endgültige Beisetzung Lenins aus.

Die anhaltende Diskussion um Lenins Leiche steht stellvertretend für den Streit, wie im modernen Russland mit dem Erbe der Sowjetunion umgegangen werden soll. Der Dokumentarfilm des Regisseurs Wladek Jurkow schlägt dabei eine interessante Brücke: In den letzten Lebensjahren griff Lenin auf recht unkonventionelle Methoden zurück, um sein Leben zu erhalten: Er praktizierte Traditionelle Chinesische Medizin (TCM). Der Film handelt davon, wie ein Moskauer Historiker in alten Archiven nach Belegen für Lenins Hinwendung zu Feng Shui Methoden und fernöstliche Heilkunst sucht.

Lenin litt unter den Folgen eines Attentats

Tatsache ist, dass sich Lenin von den Folgen eines Attentats im August 1918, bei dem er durch zwei Schüsse verletzt wurde, nie wieder richtig erholte. Erst vier Jahre später wurde die zweite Kugel, die seinen Hals traf, operativ entfernt. In dieser Zeit litt Lenin bereits beständig unter schweren Kopfschmerzen und klagte über Augenprobleme, Magenbeschwerden, Schlaflosigkeit, Wundrose und Durchblutungsstörungen im Gehirn. Zudem war seine Psyche angegriffen. Er litt unter Zwangsvorstellungen.

Lenins Leichnam kurz nach seinem Tod
Lenins Leichnam kurz nach seinem Tod

Es ist also gut möglich, dass Lenin bei den besten Ärzten des Landes Rat suchte und so auch fernöstliche Heilmethoden zum Einsatz kamen. Wir wollen an dieser Stelle aber nicht (wie es in der Historie ja bereits zur Genüge getan wurde) Lenin für unsere Zwecke missbrauchen und ihn als ersten prominenten Feng Shui Anhänger Europas vereinnahmen. Eine solche Behauptung wäre absurd. Wir möchten jedoch in diesem Zusammenhang auf einen anderen interessanten Punkt hinweisen:

Feng Shui war im alten China ein wesentlicher Bestandteil des Ahnenkults. Man glaubte daran, dass die Seelen der Verstorbenen nach dem Tod eng mit dem Schicksal der Nachfahren verbunden bleiben und setzte die Toten an Orten bei, die eine Übertragung positiver Energien auf die Nachkommenschaft begünstigen sollten, so dass sich ihr Glück auf Erden vergrößerte. Bezieht man diese Feng Shui Tradition auf Lenin, so führt dies unweigerlich zu der Frage, ob die Entscheidung, Lenin als Staatsgründer und Urvater der Sowjetunion nach seinem Tod öffentlich an diesem Ort aufzubahren, die richtige war. Ist nicht auch ein ganzer Staatsapparat als „Nachkomme“ des Revolutionsführers unweigerlich zum Scheitern verurteilt, wenn ihm die substantielle positive Energie auf diese Weise entzogen wird?

Kann man überhaupt so argumentieren? Was denkt ihr?

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Über Long Wang 326 Artikel
Meister Long Wang ist seit 2007 Teil des Everyday Feng Shui Redaktionsteams und bereichert seither als Experte für Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) mit seiner fernöstlichen Perspektive auf die Welt unsere Plattform. Zu erreichen ist er unter l.wang@everyday-feng-shui.de

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