Klingt fantastisch – und ist es auch! Ein Roboter mit langem Kran-Arm ersetzt den Maurer und kennt keine Müdigkeit. Nur die Architekten, Programmierer und Monteure sind noch gut beschäftigt.
Es handelt sich um eine Ortbeton-Bauweise
Es sieht zugegeben ziemlich schlicht aus und ist auch nicht groß. Das erste Haus, das mit einem 3D-Drucker herstellt wurde, ist bereits seit 2017 fertig und hat rund 9.500 Euro gekostet. Die Firma Apis Cor – ein amerikanisch-russisches Start-up-Unternehmen, hat einen Roboter entwickelt, der mit einer betonähnlichen Masse arbeitet, die keine Schalung benötigt und rasch trocknet. Die Masse wird wie mit einer Teig-Spritze aufgetragen. Es entstand ein Rundbau mit zirka 38 Quadratmetern. Der Druck hat nicht länger als 24 Stunden lang gedauert und wurde direkt vor Ort durchgeführt. Im Fachjargon nennt man das „Ortbeton-Bauweise“ – im Gegensatz zur Fertigteilbauweise, wo die Elemente in einer Werkhalle gegossen, zur Baustelle transportiert und dort zusammengebaut werden. Das Bauwerk wurde in Kooperation mit speziellen Ausbau-Firmen errichtet, deren Leistungen aufeinander abgestimmt waren. Das Häuschen befindet sich auf einem Firmengelände in Stupino – einer Kleinstadt in der Nähe von Moskau.
Die Start-up-Firma ist nicht mehr konkurrenzlos
Auf der Seite von 3Dnatives – Ihr Portal für den 3D-Druck – sind mehr als 10 Unternehmen aufgelistet, die Häuser drucken können (Stand Sommer 2019). Schaumstoff und Beton gehören freilich nicht zu den nachhaltigsten Materialien. Die neuen Drucker-Technologien sind eindeutig wirtschaftlich motiviert und zielen weder auf baubiologische Qualität ab noch auf humane Arbeitsbedingungen. Menschen werden durch Roboter ersetzt, die reihenweise Würste aus extrudiertem Beton aufspritzen. Schnell muss es gehen und billig muss es sein. Die Machbarkeit von Billigst-Bauwerken wird zunehmend zur Realität. Was das für den Immobilienmarkt bedeutet, lässt sich nur erahnen. Bisher ging man selbstverständlich davon aus, dass Neubauten wertvoller sind als Altbauten. In Zukunft werden Neubauten möglich sein, die wesentlich günstiger sind als ältere Häuser. Für viele Menschen, die sich bisher kein Eigenheim leisten konnten, tut sich ein neuer Markt auf. Da Grundstücke weiterhin Mangelware bleiben, wird sich das Verhältnis zwischen Baugrund- und Bauwerkpreisen umdrehen.
Was ist extrudierter Beton?
Betonmischungen für extrudierten Beton enthalten relativ wenig Wasser und Zusätze aus Polypropylen-Kunststoff und anderen Faserstoffen. Auf einer Internetseite von „Adfil Costruction Fibres“ ist nachzulesen, dass die Zuschläge aus nicht nur aus Makro- sondern auch aus Mikro-Kunstfasern bestehen und die sonst übliche Stahlbewehrung ersetzen. Beim Einbau dieser Betonmasse wird die enthaltene Luft vollständig herausgepresst. Die Fasern können nicht rosten und es erfolgen auch keine unerwünschten chemischen Reaktionen. Man spricht auch von extrudiertem „Textilbeton“. Extrudieren bedeutet übersetzt so viel wie Strangpressen oder Spritzgießen. Die dickflüssige Betonmasse wird kontinuierlich aus einer Druckkammer herausgepresst. Durch verschiedene Endstücke – wie bei einer Kuchenspritze – sind unterschiedlich geformte Stränge möglich. Man kennt den Begriff vor allem im Zusammenhang mit Kunststoffen. Die Extrusion kann kalt, warm oder heiß erfolgen.
Auf die Zutaten kommt es an
Obwohl Faser-Beton mit synthetischen Armierungen schon recht lange bekannt ist, sind die Forschungen noch nicht abgeschlossen. Die speziellen Betonmischungen werden nicht in der Mischmaschine herstellt mit Zutaten Daumen mal Pi – so wie private Häuselbauer früher ihre Betonwände und -Decken betonierten. Die Rezepturen benötigen eine bauaufsichtliche Zulassung und werden gründlich getestet. Das bisher größte gedruckte Gebäude steht in Dubai und umfasst 641 Quadratmeter auf zwei Stockwerken. Die Bauzeit betrug 17 Tage und die Bauarbeiter-Partie bestand aus nur drei Personen. Über die Architekturqualität und die energetische Wirkung wollen wir allerdings lieber nicht reden. Runde Formen genügen nicht, um ein Bauwerk zu einem angenehmeren und beseelteren Aufenthaltsort zu machen. Wer möchte von Wänden umgeben sein, die aus einer Mischung von Beton und Plastikpartikeln bestehen? Der Beton in Dubai besteht angeblich nur aus recyceltem Schutt, Lehm, Gips und Wasser. Auf jeden Fall bestehen gedruckte Häuser aus einem Guss und diese mangelnde Differenziertheit wirkt sehr unnatürlich. Es steht jedoch nirgends geschrieben, dass man Druckbeton-Häuser monolithisch errichten muss und nicht mit anderen Baustoffen kombinieren darf – wenn man bereit ist, einen höheren Preis zu bezahlen.
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